Finnland
Der Dezember heißt auf Finnisch joulukuu, der Weihnachtsmonat. In der Umgangssprache jedoch wird der Monat auch als pikkujouluaika, also kleine Weihnachtszeit bezeichnet. Und so wird fleißig pikkujoulu gefeiert, das Kleine Weihnachten. Partytime ist angesagt, denn es hat mit Feiern viel und mit Weihnachten wenig zu tun. Diese vorweihnachtlichen Festgelage stehen ganz im Zeichen des Feierns mit Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen und werden von den Pfadfindern über Geschäftsleute bis hin zu parlamentarischen Gruppen wahrgenommen. Man sitzt vergnügt bei finnischem Glühwein, dem glögi, einem Weihnachtspunsch, der aus Rotwein, Johannisbeersaft und Gewürzen besteht und mit Mandelsplittern und Rosinen heiß serviert wird. Oftmals wird er auch noch mit Wodka "veredelt"! Die Rezepte variieren je nach Landesteil. Dabei verteilen die Finnen kleine Geschenke.
Am 6. Dezember wird nicht der Nikolaustag, sondern der Unabhängigkeitstag gefeiert. Dieser Tag wird mit patriotischem Ernst begangen. Die finnische Fahne weht auf allen Masten, Militärparaden werden abgehalten und viele Reden geschwungen. In den Fenstern werden zum Andenken an all die Männer und Frauen, die 1917 für die Unabhängigkeit des Landes gekämpft und dabei gestorben sind, Kerzen entzündet, und auf den Friedhöfen steht am Soldatendenkmal jeweils eine Ehrenwache. Minister, Diplomaten und ausgewählte Gäste werden zu einem Bankett in den Präsidentenpalast eingeladen. Im Fernsehen wird auf allen Kanälen das Defilee der Diplomaten übertragen und so kann man genau beobachten, welche Figur der deutsche Botschafter beim Händeschütteln macht und was die Gattin für Modellkleid trägt.
Der 13. Dezember steht im Zeichen der Heiligen Lucia, der Lichterkönigin. Junge Mädchen mit einem Lichterkranz am Kopf ziehen durch die Strasse und singen Lucialieder. Er wird vor allem in den schwedischsprachigen Gebieten gefeiert.
Das Weihnachtsfest beginnt in der Nacht des 23. Dezember, gleich nachdem die Kinder zu Bett gegangen sind. Viele alte Bräuche sind erhalten und werden nicht nur auf dem Land gepflegt. Die Erwachsenen bleiben lange auf, trinken Kaffee, bereiten das Essen vor, dekorieren und organisieren das bevorstehende Fest. Wenn die Kinder am nächsten Morgen noch im Dunkeln aufstehen, ist das Haus sauber und aufgeräumt und es duftet herrlich nach Weihnachten. Am jouluaatto, dem Weihnachtsvortag, gibt es puuro, einen Haferbrei mit Zimt, Zucker und kalter Milch. Der Brei wird in vielen Familien jeden Morgen gegessen und kann auf viele verschiedene Arten zubereitet werden. Im Weihnachtsbrei ist aber eine Mandel versteckt. Wenn ein Kind sie findet, bekommt es ein Marzipanschweinchen. Ein Erwachsener hat dann im nächsten Jahr besonderes Glück. Die Kinder besuchen am Nachmittag zusammen mit dem Vater Verwandte die in der Nähe wohnen, besuchen den Friedhof und zünden Kerzen auf den Gräbern lieber Verstorbenen an.
Am Heiligabend versinkt Finnland in feierliche Erstarrung. Die Geschäfte schließen um 12 Uhr mittags, der öffentliche Verkehr stellt den Betrieb ein, und auch die meisten Restaurants schließen. Heilig Abend beginnt um 12 Uhr finnischer Zeit, also 11 Uhr in Deutschland, denn da wird vom Balkon des Doms im südfinnischen Turku der sogenannte Weihnachtsfrieden verlesen und über das Fernsehen ausgestrahlt. Es ist eine symbolische, aber für Finnen höchst bedeutsame Zeremonie. Dieser Zustand des-sich-im-Weihnachtsfrieden-befindens hat sogar rechtliche Gültigkeit, denn Verbrechen werden in dieser Zeit härter bestraft. In Finnland gedenkt man an Weihnachten nicht nur der Geburt Jesu Christi, sondern auch der verstorbenen Verwandten. Der Gang zum Friedhof und das Aufstellen von Kerzen auf den Gräbern gehört einfach dazu.
Die Sauna ist ebenso bedeutend am Weihnachtsabend wie der Tannenbaum. Finnische Familien gehen am frühen Abend in die Sauna und anschließend findet das große Festmahl statt.
Typisch für das finnische Weihnachtsfest ist das große Weihnachtsessen, welches bis auf kleine regionale Unterschiede in fast jeder finnischen Familie traditionsgerecht zubereitet wird. Neben den verschiedensten eingelegten Fischsorten, wie Glasmeisterhering, Hering in Senf, in Knoblauchsoße, Tomatensoße, usw. gibt es als Vorspeise oft auch Stockfisch mit Salzkartoffeln. Zentrales Element ist aber der schon vom Metzger gesalzene Schinken, der in langen Stunden langsam gebraten wird. Daneben werden manchmal auch Lamm oder Pute angeboten, der Möhren-, Kartoffel- und Steckrübenauflauf gehört immer dazu. Ein recht aufwendiges Gericht, das sich allerdings auch lange hält. Zum Hauptgericht wird u.a. Rossoli-Salat gereicht, eine pink-rot-rosa aussehende Köstlichkeit aus Roten Beten, Kartoffeln, Äpfeln, Gurken und dazu "rosa" (mit Rote-Bete-Saft) gefärbte Sahne! Zum Nachtisch gibt es Milchreis mit Preiselbeersaft. Zu trinken werden heiße Säfte für die Kinder, "angereicherter" Glögi, Bier und Wein für die Erwachsenen angeboten und als Nachtisch serviert man Kaffee, Pulla (Hefegebäck mit Kardamom) und Kekse.
Weihnachten in Finnland ist ein Fest der Familie. Die erwachsenen Kinder und Geschwister kommen oft von weit her, um gemeinsam mit Eltern und Großeltern Weihnachten feiern zu können. Manchmal werden auch alleinstehende Freunde zum Weihnachtsschinkenessen eingeladen, um danach gemeinsam mit den Kindern den Weihnachtsmann zu erwarten. Und der kommt garantiert, schließlich ist er in Finnland zu Hause! Kerzen werden angezündet, alte Weihnachtslieder gespielt und oft findet sich einer in der Familie, der ein Musikinstrument spielen oder besonders gut singen kann. Und jeder freut sich, dass die Familie wieder einmal zusammen ist. Sollte der joulupukki (Weihnachtsmann) selbst keine Zeit haben um vorbeizukommen, setzt sich jeder eine rote Zipfelmütze auf und verteilt die Geschenke, sozusagen als Stellvertreter des Weihnachtsmannes. Nachdem die Kinder im Bett sind, bleiben die Erwachsenen noch lange auf, trinken härtere Sachen, spielen Gesellschaftsspiele oder unterhalten sich.
Der erste Weihnachtsfeiertag ist in Finnland nicht so wichtig wie in anderen europäischen Ländern. Man geht am Morgen zur Messe und auf dem Lande fährt man oft noch ganz romantisch mit dem Schlitten zur Kirche. In jeder finnischen Familie werden zwei Kerzen in die Fenster gestellt. Später besucht man Verwandte und Freunde. Dazu zieht man sich besonders festlich an und natürlich wird wieder viel und gut gegessen. Der Abend des ersten Weihnachtsfeiertages steht ganz im Zeichen des Friedens.
So will es die Tradition und so wird es auch eingehalten!