Katie und das Geheimniss
"Kannst Du sie sehen?" fragt Katie. "Ja, --pssst, sei leise!," flüsterte ihre Kusine Lonie. Die zwei Mädchen waren in dem versteckten , niedrigem Durchgang in Oma's Haus unter dem Dach. Er führte von ihrem Zimmer zu dem heimlichen Zimmer, in dem die drei Menschen noch friedlich schliefen.
Sie ahnten nicht, dass die zwei Mädchen durch das kleine Türchen, das ganz versteckt war, piekten.
Katie und Lonie würden niemandem erzählen, dass hier ein junges Paar mit ihren Kind lebten. Oma hatte ihnen erklärt, dass böse Männer die nette Familie holen würden, und das kleine Mädchen , noch keine zwei Jahre alt, war doch soo süss! Katie und Lonie hatten sie lieb.
Die Kinder waren zu jung, um den Konflikt zwischen den Deutschen und den Juden zu verstehen. Oma konnte es ihnen auch nicht gut erklären, wiel sie es selbst nicht verstehen konnte. Sie hatte vor kurzem ihre beste Freundin mit ihrem Mann verloren, und wollte nun dessen Sohn helfen. Er war hier versteckt biss sich die Möglichkeit zeigte, wo er das Land verlassen könnte.
Oma wusste, dass ihre Freundin dasselbe für sie getan hätte...
Lonie und Katie krochen aus dem engen Gang wieder heraus; vorsichtig, damit sie keine Geräusche machten. Schnell krochen sie in ihr Bett, dass sie teilten. Sie zogen das grosse Federbett ganz hoch an die Nase,denn das Zimmer war kalt. An der Fensterscheibe hatte Eis schöne Bilder gemalt. Vor einer Weile hatten sie ein rundes Loch ins Eis gekratzt und hatten den Schnee beobachtet, der leise zum Boden flatterte. Die Welt sah verzaubert aus; ganz in glitzerndem Weiss, und alles war so friedlich still.
Es war fast Weihnachten!
Katie liebte Weihnachten sehr. Der Opa hat gesagt, sie würden recht bald einen Baum holen vom Wald , der ganz in der Nähe war.
" Na kommt schon, Kinder, wollt ihr heute nicht aufstehen?" Es war Oma. " Ja, Oma, wir kommen gleich!"antwortete Lonie.
Sie eilten in die warme Küche. Frühstück bestand aus heisser Milch und Marmeladenbrot. "Macht schnell, Kinder, ich habe gehört, dass der
Konsum heute richtige Butter bekommt! Ihr müsst Euch anstellen, und ich
komme dann bald und löse Euch ab."Der Konsum war das Lebensmittelgeschäft in ihrer kleinen Siedlung. Immer, wenn es was Gutes gab, so wie Zucker, Butter und so, da musste man sich anstellen, damit man seinen Teil bekam.
Heute machte es den Mädchen nichts aus, hier zu stehen. Sie konnten sich ja unterhalten. " Ich vermisse meine Mutti," sagte Lonie. Katie war traurig für ihre Kusine. Ihr Onkel Heinz, Lonie's Vati, war vermisst.Katie konnte das aber nicht verstehen. Warum war er vermisst, und warum ging niemand ihn zu suchen?
Oma konnte es auch nicht gut erklären weil sie zu weinen anfing, sobald die Mädchen fragten. Katie war froh, dass sie wusste, wo ihr Vati war!
Er war in Gefangenschaft, und Oma sagte, er könnte jederzeit heimkommen. Sie wussten bloss noch nicht, wann das war. Katie guckte sich Fremde immer ganz genau an, wenn sie auf ihrer Strasse gelaufen kamen.
Es könnte ja ihr Vati sein!
Endlich kam die Oma und löste sie vom Stehen ab.Sie waren froh, denn ihre Füsse wurden schon ganz kalt. Auf dem Rückweg hoch zum Haus hatten die Mädchen eine Schneeballschlacht. Sie lachten, rannten und hatten Spass. Der Schnee kamm immer noch leise vom Himmel und deckte alles zu auf der Erde. Es sah so sauber und verzaubert aus, dass Katie es nicht verstehen konnte, dass der Opa sich immer Sorgen machte. Sie war fünf Jahre alt und musste sich keine Sorgen machen, wo das nächste Mahl her kommen wird, so wie Opa und viel andere es schon jahrelang tun mussten.
Der zweite Weltkrieg war fast vorbei. Katie, die während einem Bombenanfall im Keller geboren war, kannte keine richtigen friedlichen Zeiten.
Opa erzählte gerne und erwähnte immer alle möglichen Köstlichkeiten, die die Kinder noch nie gesehen hatten. Er sagt, früher gab es das alles in den Geschäften, und man musste noch nicht mal Schlange stehen im Konsum! Er sagte, er würde ihnen gern solche komisch klingengen Sachen wie Cola, Schokolade, Bubble Gum und heissen Kakao geben.
Es hörte sich ganz gut an und Katie hoffte, das der Weihnachtsmann ihnen
sowas bringen könnte. Der müsste das doch können, er hat doch mehr zu
sagen als Opa!
" Kommt, Kinder, wir holen unseren Weihnachtsbaum! " rief der Opa . "Oh, ja-- lass uns bloss schnell unser Stiefel anziehen," antworteten die Mädchen. Sie gingen in den Wald, der wie ein Märchenwald aussah mit all dem Schnee. Opa zog sie auf dem alten Schlitten. Das war Spass!
Opa sagte, es wären Heinzelmännchen hier. Besonders zur Weihnachtszeit. Also schauten sie sich beide um..."Da, da ,schnell, guckt mal!" Katie und Lonie drehten sich schnell rum und schauten. "Ach, zu spät, er rannte hinter den grossen
Busch dort!" sagte Opa. Schade, Katie vermisste das doch immer! Manchmal sah
sie was, was sehr schnell verschwand, aber sie war sich nie sicher.
Bald fanden sie den perfekten Baum, und Opa sägte ihn ab . Sie legten den Baum auf den Schlitten und banden ihn fest.
Katie liebte den Geruch! Tannenbäume waren ihre liebsten Bäume.
Zuhause stellten sie den Baum in den Hinterhof.
Morgen war Heilig Abend, und dann werden sie den Baum schmücken.
Ein grosses Paket war angekommen von Katie's Mutti! Sie war weit weg und versorgte ihre kranke Grossmutter dort. "Oh, Oma, lass mich es auspacken!", bettelte Katie. Aber Oma sagte, sie müssten bis zum nächsten Tag warten...
Am nächsten Morgen wollte sich Katie strecken beim Erwachen, und stiess Lonie an die Nase. "Au, spinnst Du, hör auf" schimpfte Lonie. Sie kitzelte Katie in die Rippen, und die fing an, laut zu lachen.
" Lonie, Katie, ich kann hören, dass ihr wach seid. Kommt runter, wir wollen Plaetzchen backen!" rief die Oma von der Küche.
Das war Spass! Katie naschte doch zu gerne, und Plaetzchen, besonders Weihnachtspaletzchen, waren was ganz besonders. Das Haus bekam diesen guten Duft: " "Plaetzchen sind im Ofen!" Die Hausklingel laeutete. Ein aelterer Herr
übergab Oma ein Paket. " Hier ist der Schinken, Frau Berger, wir holen das
Klavier ab." Hat er gesagt, er holt das Klavier? Katie hoffte sehr, dass sie
sich nicht verhört hatte. Tatsaechlich, mit Hilfe von noch zwei jüngeren
Maennern und Opa wurde das grosse, schwarze Klavier aus dem Haus getragen.
Oma schaute etwas traurig hinterher, aber dann ging sie in die Küche und
öffnete das Paket. Es war ein grosser, herrlich duftender Schinken! Das
Weihnachtsessen!
Katie fand diesen Tausch ganz Klasse! Keine Uebungen mehr auf den Klavier!
Am Abend gingen sie alle zusammen in den Gottesdienst. Als sie:"Stille Nacht, Heilige Nacht" sangen, sah Katie Traenen in den Augen ihrer Kusine.
Langsam reichte sie nach Lonie's Hand, und hielt sie fest. Katie wusste, das Lonie ihre Mutti auch vermisste. Sie war in einem Krankenhaus, schon eine ganze Weile. Katie betete ganz fest, damit beide ihre Muttis bald wieder zu ihnen kommen sollten...
Das Abendessen war spaeter als sonst, und vor lauter Aufregung konnte Katie kaum essen. Das Baeumchen stand in vollem Prunk im Wohnzimmer.
Sie hatten rote Wachskerzen drangesteckt, mit den Kerzenhaltern, die an den
Aesten festgeklammert werden. Oben an der Spitze war ein wunderschöner
Engel und lächelte auf sie runter.
" Geht doch mal in dem Keller und holt uns ein paar Aepfel," sagte Oma. Was, jetzt, wo sie doch auf den Weihnachtsmann warteten? Was ist denn los mit der Oma?? Aber die Mädchen nahmen brav den Korb und gingen in den Keller. Hier waren grosse Behaelter voller Aepfel, Birnen, Kartoffeln und Karotten, Zwiebeln und Rüben. Katie mochte Birnen und Aepfel, aber keine Rüben!
"Stellt euch bloss vor, sofort, als ihr weg wart, kam der Weihnachtsmann! " sagte der Opa , als sie wieder im Wohnzimmer standen. Ja-- da waren Geschenke unter dem leuchtendem Baum!
Die Mädchen öffneten voller Freude ihre Gaben.
Sie lachten laut, umarmten sich, sowohl wie Oma und Opa. Sie fanden Schokolade! Katie's Mutti hatte es alles geschickt von den Bergen, wo sie bei ihrer Mutter war. Da war auch Bubble Gum , Kakao pulver für heissen Kakao, sogar richtige Kaffeebohnen für Oma! Oma fing sofort an zu singen, und ging in die Küche, um Kaffee zu kochen. Opa hatte Zigarren erhalten, und steckte sich gleich eine in den Mund. Er behielt die Zigarre da für den restlichen Abend.
Sie fanden auch ein Puppenhaus, das sehr aehnlich aussah als das Projekt, and dem der Opa so lange gearbeitet hatte in letzter Zeit. Lonie und Katie waren begeistert!
Spaeter, als sie beide in ihrem Bett lagen, konnten sie nicht einschlafen. " Ich möchte mal wissen, ob die"Leute unterm Dach " auch ein schönes Fest haben? " wunderte sich Katie. "Wollen wir mal schauen?""Ok, aber sei bloss vorsichtig!" warnte Lonie. Katie schnappte ihre wertvolle Schokolade und steckte sie in ihre Tasche, ehe sie in den Durchgang schlichen. Da war kein Licht zu sehen am Ende des Tunnels, rund um das kleine Türchen. Katie schob leicht an dem Türchen, und es öffnete sich in das Zimmer. Es war alles still und dunkel hier. Sie sahen das junge Paar auf der Ausziehcouch liegen und schlafen.
Auf dem Tisch stand ein Teller mit den Plaetzchen, die sie heute gebacken hatten. War das alles, was sie zu Weihnachten hatten? Katie schaute im Zimmer herum und sah keinen Baum, bloss einen grossen, schönen Kerzenhalter mit Kerzen.
Langsam schlich Katie zum Tisch, waehrend ihr Herz haemmerte. Sie wollte doch nicht entdeckt werden.! Sie zerbrach ihre Schokolade in drei Teile, und legte sie auf den Teller mit den Plaetzchen. Mit einem letzten, sehnsuchtsvollem Blick auf
die Schokolade, machte sie ihren Weg wieder aus dem Raum.
Als die Mädchen wieder in ihrem warmen Bett waren, schliefen sie freidlich ein.