Nikolaus und Nikola
Alle Jahre wieder im Dezember. Ein Blick auf den Kalender sagt mir, dass das Fest der Feste nicht mehr fern ist. Ich hätte es eigentlich wissen müssen, trotzdem kommt es mir wie in jedem Jahr so vor, als ob ausgerechnet dieses Mal Weihnachten wieder sehr plötzlich kommt. Auf einmal steht die zur Verfügung stehende Zeit in einem äußerst ungünstigen Verhältnis zu den noch zu erledigenden Aufgaben. Die alljährliche Hetze kann beginnen. Eins, zwei, drei, vier... neun Personen müssen mit Geschenken versehen und eine dreifache Anzahl mit Weihnachtskarten beglückt werden. (Wo ist bloß die Liste, damit ich nicht wieder Onkel Alfred vergesse?). Das ganze Fest vom Heiligabend angefangen bis zum Abend des zweiten Weihnachtstages muss organisiert und geplant werden. Schließlich wollen meine Lieben sowohl kulinarisch als auch geschenkemäßig versorgt und verwöhnt werden.
Meine beiden Männer (Sohne- und Ehemann) sehen meinem munteren Treiben zu und machen sich keinen Kopf drum. Advent, Advent, die Mutti rennt... Dieser Spruch ist zwar nicht neu, aber hat leider seine Gültigkeit nicht verloren. Der Herr des Hauses glaubt, mit dem Aussuchen eines neuen Parfums (wahlweise auch Pullover, Pralinen oder Prosecco) und dem heiligabendlichen Aufstellen der Hallelujastaude seine Pflicht und Schuldigkeit getan zu haben. Weihnachten ist (und bleibt es wohl auch noch eine Zeit lang) Frauensache. Warum eigentlich? Wer kann mir diese Frage beantworten? Dabei ist es doch der Weihnachts-Mann, der an diesem Fest eine Hauptrolle spielt. Mir ist aufgefallen, dass es neuerdings auch Weihnachts-Frauen gibt. Allerdings sind die wasserstoffblond, haben eine atemberaubende Figur, für Männeraugen zumindest, tragen einen roten Supermini und sind aus Schokolade. Komisch, der Schoko-Weihnachtsmann oder -Nikolaus dagegen ist ein seriöser, älterer, untersetzter Herr mit Rauschebart - sein weibliches Gegenstück, die Nikola ist eine niedliche Kleine, die nicht den leisesten Anschein von Seriosität ausstrahlt. Warum nicht mal einen Nikolaus mit Waschbrettbauch, sexy Po und Kleiderschrankkreuz? Was wollen uns die Hersteller der weihnachtlichen Schokofiguren damit sagen? Dass Frauen sich nicht von attraktiven (Weihnachts-)Männern ablenken lassen sollen, weil sie verdammt noch mal andere Pflichten in dieser Zeit haben? Oder wollen sie damit beweisen, dass sie an die Gleichberechtigung gedacht haben?
Puh, von wegen Gleichberechtigung! Die meiste Arbeit, die das Fest mit sich bringt, bleibt ja doch wieder an uns Frauen hängen. Dieses Jahr habe ich mich allerdings geweigert, die so beliebten wie arbeitsaufwendigen Kekse zu backen. Ich habe meine beiden unmissverständlich wissen lassen, dass ich nicht bereit sei, mehrere Stunden in der Küche zuzubringen, nur damit sie an einem, ich betone an einem Abend Kekse naschen können. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat mich gelehrt, dass die Kekse nur dann interessant sind, wenn sie gerade gebacken sind, danach wird den gekauften Dominosteinen, Lebkuchenherzen und dergleichen den Vorrang gegeben. Warum weiß ich auch nicht, vielleicht weil meine Backkünste doch zu wünschen übrig lassen. Egal warum, ich backe dieses Jahr nicht! Und ich bleibe hart. Mann und Sohn gucken mich an, als hätte ich ihnen soeben den bevorstehenden Weltuntergang prophezeit. "Aber das riecht doch so schön im Haus," murren sie. Sollen sie doch selber Plätzchenduft produzieren! Ich weiß ganz sicher, dass Männer das auch können. Ich habe ihnen schon mal die Zutaten und das Backbuch herausgestellt. Und die Weihnachtskeksdose. Darin befanden sich noch die Kekse vom letzten Jahr, die, die am Backtag nicht alle gewor-den sind.
Ich werde mich an dem Abend, an dem meine beiden Plätzchen backen, mit meiner Freundin auf ein lauschiges Plätzchen zurückziehen - beim Italiener vielleicht - und werde mal für einen Tag die Hektik vergessen. Vielleicht unterhalten wir uns über Weihnachtsmänner. Sie wissen schon, über solche mit Waschbrettbauch - aber nicht aus Schokolade.
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