Weihnachtsbraten

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eine satirische Betrachtung

von Hans-Christian Krull

Haben Sie schon einen Weihnachtsbraten? Ich habe ihn kürzlich besorgt. Es war allerdings nicht leicht, ein Stück Wildbret zu ergattern, das nicht unbedingt aus Neuseeland stammt und schon eine Weltreise hinter sich hat.

Ich hätte gern die Hirschkeule, sprach ich die Verkäuferin hinter der Theke an und fragte sie gleichzeitig, ob sie etwas zu der Herkunft des Fleisches sagen könne. Sie sah mich mit großen Augen an und meinte, das müsste eigentlich aus der Region kommen. Mit dieser Antwort konnte ich mich nun wirklich nicht zufrieden geben, denn was bedeutet schon eigentlich.

Sie müsse doch einen Nachweis darüber haben, eine Art Zertifikat, entgegnete ich. Es müsse doch rückverfolgbar sein, wo das Tier gelebt, wie es gelebt und wer es letztlich gejagt und erlegt hat. Darüber hinaus sollte ein Schulungsnachweis vorliegen, ob der Jäger auch eine Sicherheitsbelehrung über den Waffengebrauch bekommen hat und ob er zertifizierte, lebensmitteltaugliche, metalldetektierbare Munition verwendete. Wichtig sei auch noch, fügte ich an, dass im Rahmen der Messerpolice sein Jagdmesser entsprechend sicher sei und nach jedem Gebrauch hoffentlich ausreichend desinfiziert wird, mit einer Desinfektionslösung, die lebensmittelverträglich und nicht umweltschädlich ist. Welche Arbeitskleidung trug der Jäger, während er den hoffentlich gleich tödlichen Schuss abgegeben hat? Geschah dies von einem Hochsitz aus, auf dem die Kleidung mit Holzsplittern kontaminiert hätte werden können? Hatte der Jäger die Möglichkeit, sich die Hände zu waschen und zu desinfizieren, bevor er sein erlegtes Wildbret aufbrach? Hat etwa sein Hund an dem erlegten Tier geschnüffelt? Was hatte der Hund zuvor gefressen? Woher stammte das Hundefutter? Gab es für das Hundefutter ein Zertifikat, das Salmonellenfreiheit bescheinigt? Wann wurde der Betrieb, in dem das Hundefutter hergestellt wurde, zertifiziert? Handelte es sich um einen ausgebildeten Jagdhund mit entsprechendem Ausbildungsnachweis eines anerkannten Hundetrainers? Ist der Jäger im Besitz eines gültigen Hundeführerscheines?

Ob Sie denn wisse, fragte ich weiter, ob das Tier nach dem tödlichen Schuss auf dem nackten Waldboden aufgebrochen wurde, etwa inmitten von Bäumen oder gar in einer Schonung? Fremdkörper, Ungeziefer hätten so freie Bahn, das Fleisch zu kontaminieren. Auch gab ich zu bedenken, dass der vermooste Waldboden jenseits des zulässigen PH-Wertes liegen könnte und Pilze und Sporen somit toxische Reaktionen auslösen würden. Darüber hinaus wäre es gut zu wissen, wie sich das Tier denn wohl ernährte, als es noch lebte. Hat es Eicheln und Kastanien gefressen, stammten diese denn wohl auch aus zertifiziertem Saatgut, das sich im Rahmen der Nachhaltigkeit in kontrolliertem Anbau entwickelt hat?

Sollte es sich nicht um freilebendes Wild handeln, sondern um gezüchtetes Rotwild, so müsse sichergestellt sein, dass der die Weide umgebende Elektrozaun mit Strom aus nachhaltiger Energie versorgt werde, also auf keinen Fall dürfe Atomstrom im Spiel sein. Kann ich mir beim Kauf des Fleisches sicher sein, dass Waldspaziergänger, denen man den Zutritt zum Wald schlecht verweigern kann, sich an die Hygienebestimmungen und Verhaltensrichtlinien halten und auf keinen Fall Erdnüsse mit sich führen, diese weder verzehren, um durch den Atem die reine Waldluft nicht zu kontaminieren, noch etwa verlieren, denn sonst müsse das Fleisch entsprechend deklariert werden – kann Spuren von Erdnüssen enthalten, weil die Gefahr besteht, dass die Tiere des Waldes die verlorenen Erdnüsse gefressen haben könnten.

Ich hatte das Gefühl, die Verkäuferin hörte überhaupt nicht mehr zu, denn sie drückte heftig auf ihrem Handy herum und inzwischen wurde auch die Menschenschlange, die sich hinter mir gebildet hatte, etwas unruhig. Aus der Ferne vernahm ich ein sich schnell näherndes Tatü Tata. Kurze Augenblicke später bemerkte ich quasi aus den Augenwinkeln, dass weiß gekleidete Männer in den Verkaufsraum stürmten und mir ein schürzenähnliches Gebilde umbanden …………….

Die Diagnose, die man mir in der Klinik eiskalt und unverblümt ins Gesicht schleuderte, lautete:

Auditwahn