Die unheimliche Heilige Nacht
eingeschickt von Josef Kranzer
Diese Mühlviertler Weihnachtsgeschichte liegt schon zahlreiche Generationen zurück. Ihre Auswirkung reicht aber bis zum heutigen Tag, besser gesagt bis zur Mettennacht. Die Steinkellnerfamilie in Unterpabneukirchen bezahlt noch heute die Pabneukirchner Mette. "Schuld daran" ist die "unheimliche Heilige Nacht". Es ist mehr als eine Geschichte. Bis auf den Teufel - oder war es gar nur ein Pferd, dann ist die Geschichte nicht erfunden -soll sich alles folgendermaßen abgespielt haben.
Gewaltiges Schneetreiben herrschte im Mühlviertel in der Heiligen Nacht. Sausend fuhr der Sturm um das Steinkellnerhaus. Er rüttelte an allen Fenstern und Türen und trieb die fallenden Schneeflocken vor sich her. Am Nachmittag hatten die Bauersleute nach altem Brauch das geräumige Haus und die Ställe wider alles Böse geräuchert, und es roch überall nach Weihrauch.
In der warmen Stube saßen der Bauer, sein Knecht und zwei Nachbarn beim Kartenspiel. Die Flasche mit dem selbstgebrannten Schnaps stand auf dem Tisch, und die Spieler griffen immer öfter nach dem scharfen Getränk. Ab und zu brachte die Bäuerin weihnachtliches Essen:
Mohnknödel, Kletzenbrot und Schober, denn Fleisch gab es erst nach der Mette. Auch Nüsse wurden aufgeknackt und mit rotwangigen Äpfeln verzehrt. Später bereitete die Bäuerin in einer irdenen Schüssel einem leckere Weihnachtsspeise aus Butter, Honig und Schnaps, zu der sie knuspriges Weißbrot aufschnitt.
Nach dem Essen setzten sich die Großmutter und die Bäuerin auf die Ofenbank. Die Kinder waren schon schlafengegangen. Die Dirn las in einem alten Büchlein. Von Zeit zu Zeit schob sie einen Buchenklotz in den großen Kachelofen.
Immer lauter und wilder aber ging es an dem großen Eichentisch im Herrgottswinkel zu. Die Männer stritten manchmal beim Kartenspiel, und die Zornesader war bei einigen schon angeschwollen. Schüchtern bat die Ahnl von der Ofenbank her: "Richts eng zsamm zur Mettn. Gwiß habn s' schon Zoacha gleit, weils scho elfi vorbei is. I gang so gern mit, wenn i net schon so schlecht beinander wär." Aber die Männer hörten nicht. So gingen die Bäuerin und die Magd allein zur Christmette.
Noch einmal mahnte die Ahnl die Männer zum Kirchgang, doch es nützte nichts. Der Schnaps stieg den Spielern immer mehr in den Kopf. Immer wilder wurde ihr Spiel. Unter bösen Flüchen warf jeder ein Kartenblatt auf den Tisch. Gleich darauf schauten sie sich entsetzt an. Es waren vier rote Herz gefallen.
In diesem Augenblick schlug die alte Wanduhr mit dumpfem Klang die zwölfte Stunde. Kaum war der letzte Schlag verhallt, flog mit donnernähnlichem Krach das Stubenfenster auf. Ein heftiger, eiskalter Windstoß ließ alle erschauern. Im selben Augenblick erschien im Fenster ein kohlschwarzer Roßschädel mit langen, spitzen Hörnern und rotglühenden Augen. Die zottigen Vorderbeine hatte der Höllische auf das Fensterbrett gelegt. Aufs höchste erschrocken, waren die Männer aufgesprungen. Rasch nüchtern geworden, griffen sie nach ihren Rosenkränzen, machten das Kreuzzeichen und sanken zitternd in die Knie. Voll Angst beteten sie das Vaterunser.
Das konnte der Teufel nicht vertragen. Schnaubend vor Wut wollte er in die Stube springen. Als aber die Ahnl "Gelobt sei Jesus Christus!" rief und die Männer "In Ewigkeit. Amen!" antworteten, verschwand er, wie er gekommen war. Furchtsam schloß die Ahnl das Fenster. Sie bekreuzigte sich. Die Männer aber fingen laut und andächtig zu beten an, wie es überall auf dem Land in der Heiligen Nacht Brauch ist.